Andau

Tadten

St. Andrä

Dieses alte, aber noch immer bekannte lateinische Sprichwort (übersetzt: Mitten im Krieg schweigen die Musen) sagt eine große, sehr aktuelle Wahrheit. Während des Krieges wird der Mensch zum besessenen Menschenjäger, zum Flüchtenden, zum Im-Versteck-Lebenden, zum Verletzten oder zum Todgeweihten. Das Denken und Fühlen der Menschen beherrscht ein Wahn, eine große Angst und Unsicherheit. Da gibt es keinen Platz für andere Gefühle, da wird keine Kultur gepflegt, der Mensch funktioniert nur noch im Notbetrieb. In Russland darf man das Wort Krieg als Bezeichnung für den „Zustand“ in der Ukraine nicht verwenden. Was ist das denn sonst? Vielleicht sollten wir eher von bestialischem Völkermord sprechen. Im Moment gibt es auch keine Aussicht auf eine Lösung. Es herrscht eher die Befürchtung, dass die Situation außer Kontrolle gerät und die Lage noch schlimmer wird.

Nach wie vor vertrete ich die pazifistische Meinung, dass man mit Waffen keinen Konflikt, kein Problem lösen kann. Auch beim Krieg in der Ukraine merken wir, dass die Waffen zu keiner Lösung führen. Aber was, wenn ein Wahnsinniger plötzlich ein anderes Land angreift? Ist da nicht die Verwendung der Waffen gerechtfertigt? Helfen die großen Waffenlieferungen und die Investitionen in die Rüstung? Ich denke, es hat einen Sinn, wenn sich ein Land in diesem Fall militärisch verteidigt, wenn es von anderen Ländern solidarisch unterstützt wird. Es zeigt wenigstens, dass auch Diktatoren nicht allmächtig sind, auch wenn sie es gern wären, dass ihnen Grenzen gesetzt werden. Für mich ist das aber noch keine Lösung. Mit Waffen kann man nur kämpfen, Krieg führen und Angst und Unsicherheit verbreiten. Es wäre sinnvoll, wenn man mindestens so viel in den Frieden investiert, in gewaltfreie diplomatische Lösungen, in die Bildung usw., als man für die Rüstung ausgibt. Ich weiß, es wird sehr viel auch in den Frieden, aber weit nicht so viel, wie in den Krieg und in Waffen investiert. Oder wie jemand gesagt hat: mit den Waffen kann man Terroristen besiegen, mit der Bildung den Terrorismus.

Was mich als Christen sehr traurig macht, ist die Haltung der Russisch-Orthodoxen Kirche, bzw. des Patriarchen Kyrill. Den Krieg leugnen, oder für notwendig halten, auch dass Krankenhäuser oder Geburtenstationen zerbombt und beschossen werden, und dann großartig die österliche Heilige Liturgie zu feiern, ist – meiner Meinung nach – Lästerung höchsten Ranges, purer Hohn!

Nichts desto trotz dürfen gerade Christen Hoffnung wider jede Hoffnungslosigkeit, Mut wider jede Angst und Unsicherheit, Ausdauer wider Resignation haben, denn das Fundament unseres Glaubens ist die Erlösung.

Gabriel, Pfarrer