SR Heideboden Name red 2

Andau

Tadten

St. Andrä

Jeder Mensch hat eine unverwechselbare Stimme. Ihr Klang ist einzigartig und sogar das Baby im Mutterleib kann die Stimme der Mutter von anderen unterscheiden. Jedoch verändert sich die Stimme, je nachdem ob wir fröhlich oder traurig sind. Sie wird zittrig wenn wir Angst haben und manchmal versagt die Stimme, oder wird brüchig wenn uns etwas bedrückt.
Die Stimme ist auch ein Instrument – zum Beispiel, wenn wir Singen. Gesang berührt die Herzen und wirkt stärker als das gesprochene Wort. Gesang und Musik verstehen alle Menschen, egal in welcher Sprache sie Ausdruck finden, denn in der Musik schwingen Emotionen mit, die berühren. Ein Zitat von Victor Hugo lautet: „Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist“.

Früher, als die Menschen noch nicht lesen konnten, war die Sprache ein wichtiges Instrument um Traditionen, Familiengeschichten und Erlebnisse weitergeben zu können. Jesu Worte und Predigten wurden auch zuerst mündlich überliefert, bevor die Evangelisten sie zu Papier brachten.
​ Wenn uns ein lieber Freund, eine liebe Freundin nach langer Zeit anruft, sagen wir meist: „Schön, deine Stimme wieder zu hören“. Unsere Stimme verleiht uns die Kraft, etwas in Worten auszudrücken. Schöne, liebliche, aber auch manchmal harte oder verletzende Worte. Ein ausgesprochenes Wort kann man nicht mehr zurücknehmen. Manchmal ist es aber notwendig unliebsame Worte auszusprechen, wenn Unrecht oder Willkür von sogenannten „Machtträgern“ ausgeübt wird. Oft sind sie sich der Folgen ihrer Handlungen nicht bewusst, oder schlimmer noch, sie wissen es und handeln trotzdem genau so. Und NEIN, dazu möchte ich nicht schweigen! Ich möchte jenen meine Stimme leihen, die unterdrückt werden und deren Stimme vor Sorge stumm geworden ist. Jenen die schweigend die Ungerechtigkeit und ihren Kummer in die Welt hinausschreien wollen. Ich denke an das Bild des Malers Edvard Munch. Es heisst: „Der Schrei“ und zeigt eine Figur mit weit offenem Mund und verängstigtem Gesichtsausdruck. Wenn man dieses Bild betrachtet, kann man den Aufschrei dieses Menschen fast hören.

Ich möchte das sagen dürfen, was mich bekümmert, was mein Herz schwer macht, auch wenn ich mich in gewissen Kreisen damit unbeliebt mache. Was ich damit bewirken kann? Vielleicht sind meine Worte ein Denkanstoß, das wäre schon viel für mich. Wenn ich schweige, bestärke ich jene, die ihre Macht ausüben oder gar missbrauchen. Manche Dinge kann ich nicht ändern, ich muss sie akzeptieren, so, wie sie sind. Aber muss ich sie schweigend hinnehmen?
Ich möchte nicht zu allem schweigen, sondern meine Stimme dann erheben, wenn mir mein Herz sagt, dass es notwendig und wichtig ist, denn dafür hat Gott mir eine Stimme gegeben.

Romy Hafner, September 2022