Andau

Tadten

St. Andrä

Kategorie: Einfach zum Nachdenken

Tür der Liebe

Bald wirst Du jetzt zweiundachtzig sein. Du bist um sechs Zentimeter kleiner geworden. Du wiegst nur noch fünfundvierzig Kilo, und immer noch bist du schön, graziös und begehrenswert. Seit achtundfünfzig Jahren leben wir nun zusammen, und ich liebe Dich mehr denn je.“ (Brief an D., Geschichte einer Liebe von Andre Gorz). Ein Buchtipp!

Die enge Tür, die mitten in deinem Leben steht, ist die Tür der Liebe. Hast du heute schon geliebt, deinen Egoismus überwunden und jemandem Gutes getan? Für mein eigenes Handeln und Tun möchte ich mir immer wieder vor Augen halten, dass die Liebe, die ich anderen schenke, auch mein eigenes Herz heilt. „Wenn durch einen Menschen ein wenig mehr Liebe und Güte, ein wenig mehr Licht und Wahrheit war, hat sein Leben einen Sinn gehabt“ (Alfred Delp).

Wer tagtäglich die Tür der Liebe wählt, dem wird sie am Ende des Lebens zum Tor des Himmels. Es sind nur leise Ahnungen von der Weisheit Gottes, die wir mit den Worten der Liebe transportieren können. Je sanfter, desto wirkungsvoller.

Pfarrer Dr. Peter Okeke

Gedanken zur Synode

Dies bedeutet in erster Linie, auf die Rahmenbedingungen zu achten. Diese sind für die einzelnen Kirchen sehr unterschiedlich: In Europa herrschen andere Bedingungen als in Südamerika, und Afrika unterscheidet sich von beiden diametral. Es ist daher auch notwendig, die Dominanz einzelner Kirchen hintanzuhalten, um im Dialog die Verkündigung des Evangeliums in allen Weltgegenden unter den dortigen Umständen weiter den Menschen näherzubringen.

Es mag für die asiatische Kirche gegenstandslos sein, ob auch Frauen das Priesteramt ausüben können, für die europäische Kirche hat sich diese Frage zu einer europäischen Überlebensfrage hochstilisiert. Die Leitungsfunktionen einer Ortskirche in Südamerika müssen bereits heute von Laien ausgeübt werden, in Europa ist dies nahezu unmöglich. Die Unterschiede sind also in den einzelnen Weltgegenden gravierend, aber dies ändert nicht, dass auch wir verschiedene „organisatorische“ Errungenschaften der anderen annehmen müssen.

Wir sehen in Europa bereits heute, dass die Leitung von Seelsorgeräumen und Pfarren nicht von Priestern allein wahrgenommen werden kann. In den sich rasant ändernden Rahmenbedingungen in Europa muss auch die Kirche ihren Platz in der Gesellschaft finden. Diese Gesellschaft ist durch die Teilhabe aller Menschen an allen Vorgängen gekennzeichnet und will sich durch den Willen zum Mitgestalten dokumentieren. Auch die Kirche wird dies nicht übergehen können.

Unsere Gebete und Bitten für die Bischofsynode im Herbst sollten daher einer friedlichen und gemeinsamen Kirche gelten und vom Heiligen Geist Unterstützung für Papst Franziskus und die Bischöfe einfordern.

amke, 31.August 2024

Mit Gott auf dem Bankerl

Wir sitzen auf einem Bankerl, schauen in die Ferne und schweigen.

In Gedanken erinnern wir uns an gemeinsame Erlebnisse: Was haben wir nicht alles miteinander erlebt, gell, Gott?!

Momente des Glücks, in denen ich DICH „in den Himmel gelobt habe“, allen von DIR erzählt habe, weil mir das Herz übergegangen, ich die Welt umarmt habe vor Freude.

Tja und da waren auch die anderen Zeiten, die nicht so guten – aber irgendwie ist es immer weitergegangen, wir haben s gemeinsam geschafft, DU, Gott und ich.

Ich habe DIR so viel erzählt, mit DIR gestritten (wo warst du denn, als ich dich gebraucht habe), gezweifelt, ob du mich überhaupt noch liebst… ab und zu habe ich ein leises „Ah geh, wird schon wieder,.. ich hab DICH eh lieb, frag nicht so blöd..“ gehört.. mehr hast DU eigentlich nie gesagt, komm ich jetzt drauf.

Und während ich das so tippe, muss ich fast laut lachen – DU hast ja eh schon alles längst gewusst, was kommen wird, Gott, DEIN Plan mit mir ist von Anfang an klar. Hast DU auch über mich gelacht? Ich versteh DICH soo gut 😊

Aber haben wir uns wirklich nichts mehr zu sagen? Wir zwei, DU, Gott, und ich, sitzen auf einem Bankerl, schauen in die Ferne und schweigen.

„Lieben heißt, nicht einander ansehen, sondern in eine Richtung schauen“, habe ich einmal gelesen. Es ist echt gut, dass DU da bist, Gott, auf meinem Bankerl neben mir, schweigend. Ich bin nicht alleine.

DU liebst mich, auch ohne viele Worte, DEINE Zärtlichkeit berührt mich ohne Hautkontakt. Mehr muss ich eigentlich gar nicht wissen.

Bussi, Gott, hab DICH auch lieb.

Gertrud Nemeth

Atemholen und Innehalten

Endlich Ferien, freuen sich die Schulkinder! Endlich Urlaub, denken die Erwachsenen, die im Arbeitsleben stehen! Endlich Sommer, denken sich viele, die von der kalten Jahreszeit genug haben! „Sonne-Wasser-Spass“ ist oft ein Slogan in Foldern, die für Urlaubsgäste werben. Was macht die Urlaubszeit so attraktiv für uns? Es ist ein Atemholen und Innehalten in der immer hektischeren, stressigeren Arbeitswelt. Selbst die Schulkinder empfinden die Anforderungen der Schule immer anstrengender. Schon im Kindergarten werden vielfältige Möglichkeiten der Entfaltung angeboten – ganz zu schweigen von den Freizeitaktivitäten und Frühförderungen.

So gut und wichtig das alles sein mag, manchmal frage ich mich: „Wann darf ein Kind eigentlich noch Kind sein?“ Überfordern wir diese kleinen Wesen nicht mit all den zusätzlichen Aktivitäten, wie musikalische Früherziehung, Fremdsprachen, Sportangebote…? Erziehen wir damit nicht auch gestresste, überforderte Kinder und Jugendliche, die dann ebenso überforderte und gestresste Erwachsene werden?

Es muss immer alles perfekt sein: Kinder, Partner, Beruf, Urlaub – das ganze Leben! Und wenn es dann nicht so perfekt ist, sind wir enttäuscht, wütend und traurig. Auch wenn alles noch umsichtig geplant wird, ist das Ergebnis nicht immer optimal. Und wer oder was ist schon perfekt? Was für mich wichtig und richtig ist, kann für Andere keine Bedeutung haben oder falsch sein. Was Erwachsenen gut tut, ist nicht automatisch auch für Kinder gut!

So ist eine gute Urlaubsplanung für Eltern immer ein Kompromiss zwischen den eigenen Bedürfnissen und denen der Kinder. Gemeinsam Zeit zu verbringen ist eine große Herausforderung für alle Beteiligten, die nicht selten in Stress oder Streit ausartet. Wenn es aber gelingt, alles so zu planen, dass nicht zu viele Aktivitäten auf dem Programm stehen, sondern immer wieder Zeit zum Innenhalten bleibt, kann der gemeinsame Urlaub gelingen.

Nehmen wir uns Zeit für Gespräche, Zeit für gemeinsame Spiele und Zeit, einfach nur in einen See oder in den Himmel zu schauen, die Wolken zu beobachten, den Fischen im Wasser zusehen, dem Gesang der Vögel lauschen! Einfach still werden, wieder Kind sein und dem Schöpfer für all das Schöne, das uns die Natur bietet, zu danken – für den Urlaub, die Freizeit, ja für jeden Sonntag, der ja auch eine kleine Auszeit sein sollte. Wir brauchen nicht auf den besonderen Urlaub warten, wir können jeden Sonntag das Geschenk des „Ruhens“ genießen – wie es schon in der Bibel heißt: „Am 7. Tage sollst du ruhn und Gott deinem Schöpfer danken.“

Vor Beginn einer Pfarrreise oder Wallfahrt gibt es vom Pfarrer einen Reisesegen, für alle, die diese Reise miteinander begehen, dass sie behütet werden und gesund wieder nach Hause zurückkehren. Früher, so wurde mir erzählt, haben die Eltern ihren Kindern vor einer Reise immer ein Kreuz … >>>

..auf die Stirn gemacht und den Segen Gottes erbeten. Ich finde diese Geste sehr wertvoll. Es mag vielleicht für manche altmodisch erscheinen, aber ich meine, wir können nicht genug segnen oder gesegnet werden. „Denn wer gesegnet wird kann auch für andere zum Segen werden!“

So wünsche ich euch allen den Segen Gottes für eure Vorhaben in diesem Sommer und die Gewissheit dass Jesus immer an eurer Seite ist.

Romy Hafner, Juli 2024

DER TROST DER TRÄNEN

Als Seelsorger und Psychotherapeut bin ich immer auf der Suche nach Texten, die Trauernden Trost geben können. Oft sagen mir Trauernde, dass es ihnen unangenehm ist, wenn sie weinen müssen. Ich antworte dann: „Freuen Sie sich, dass Sie weinen können. Lassen Sie ihre Tränen laufen!“

Gerne lese ich dann den Text: DER TROST DER TRÄNEN aus dem Heft von Petrus Ceelen: „Ich bin da für dich“.

Wenn du weinen kannst, so danke Gott.“, weiß Johann Wolfgang von Goethe. Tränen schmecken bitter, aber es tut gut, das Bittere heraus zu weinen. Dadurch löst sich der Schmerz. Tränen entlasten, nehmen den Druck weg von dem, was uns bedrückt. Weinend kommen wir mit unserer innersten Quelle in Berührung. Tränen sind das Grundwasser unserer Seele. Weinend waschen wir unsere inneren Verwundungen aus. Wenn keine Tränen fließen, setzt der Schmerz sich in uns fest. Tränen reinigen, klären den getrübten Blick. Augen, die geweint haben sehen klarer. Deswegen nennt man Tränen auch die Perlen der Seele. Durch das Weinen kommt Trost in unser Innerstes – der Trost der Tränen. Weinen können ist ein Geschenk.

Über diese Zeilen sind die Trauernden sehr dankbar. Sie fühlen sich getröstet und erleichtert. Und ich bin dankbar, wenn ich ihnen damit Gutes tun könnte und tun kann.

Dr. Peter Okeke, Pfarrer

Glaube, Hoffnung, Liebe

Wer kennt nicht die Darstellungen von Kreuz, Anker und Herz als Symbol für Glaube, Hoffnung und Liebe? Diese drei stehen für eine starke Verbundenheit, so als kann eins ohne das andere nicht bestehen. Gerade der Monat Mai ist ein Hochfest für die Liebe. Er bietet viele Themen an, aber ich möchte mit der Liebe beginnen: Viele Paare wählen diesen Monat für ihre Hochzeit aus. Wenn sich junge verliebte Menschen entscheiden zu heiraten, ihre Liebe mit einem JA zueinander bekräftigen, hoffen und vertrauen sie darauf, dass diese Liebe für immer hält. Gekrönt wird eine Beziehung meist, wenn ein Kind zur Welt kommt. Ein Kind ist die sichtbar gewordene Liebe. Die Liebe der Mutter zum Kind beginnt schon während es noch im Mutterleib heranwächst. Obwohl die Eltern dieses kleine Wesen noch gar nicht gesehen haben, lieben sie es schon und bauen eine Beziehung zu ihrem Kind auf. Diese Liebe ist unvergleichlich und hält ein Leben lang. Die Liebe ist facettenreich und nicht einfach zu beschreiben. Aus anfänglichem Verliebtsein kann eine tiefe, innige Liebe entstehen, die mit den Jahren wächst, zu Vertrautheit und blindem Verstehen heranreift und zu einer Sehnsucht nach dem Partner führt. Anders ist die Liebe zu Freunden, zur Natur, zur Musik, … um nur einige Beispiele zu nennen. Wenn ich die Liebe in Farben beschreibe, würde ich die Farbe Rot für den Partner wählen – rot wie eine Rose, oder wie die Glut des Feuers. Für die Liebe zu Freunden würde ich die Farbe Gelb wählen – gelb wie die Sonnenblumen und die Sonnenstrahlen auf der Haut. Für die Familie würde ich die Farbe Blau wählen – blau wie der Himmel über uns, und blau wie ein Ozean. Die Natur erscheint in der Farbe Grün – grün in allen Schattierungen, wie sie ja die Natur malt. Und wie sieht dann die Gottesliebe aus? Die wäre in meiner Farbpalette in den Farben des Regenbogens: Diese Liebe hat alle Farben in sich und umspannt den ganzen Erdkreis.

Wie ist es aber mit der Liebe zu Gott? Ohne seine Liebe gäbe es uns Menschen nicht. Aber wie kann ich eine Liebe zu ihm aufbauen, ohne ihn zu sehen oder zu spüren? Vielleicht ist das so wie mit dem Kind, das im Mutterleib heranwächst: Man kann es nicht sehen, aber spüren und deshalb lieben. Wenn Gott für mich nicht (be)greifbar ist, wie soll ich ihn dann lieben können – wie an ihn glauben? Finde ich in Gott meinen Anker, der mich in stürmischen Zeiten festhält und mir Halt, Kraft und Hoffnung gibt?

Gibt es in der Natur nicht genug Wunder und Zeichen seiner Präsenz? Ich glaube ja! Wer mit offenen Augen durchs Leben geht, kann dieses Wunder tagtäglich erleben. Blumen die wachsen, ohne dass sie gesät oder gepflanzt wurden – sie sind einfach da. Die Vögel, die Schmetterlinge und die Fische im Wasser – woher kamen die plötzlich? Ich bin davon überzeugt, sie sind Zeichen dafür, dass es ein höheres Wesen, einen Gott geben muss, der dies alles so wunderbar geschaffen hat! Alles gehört zum Plan Gottes, wir sind mit ihm, der Natur und allen Lebewesen verbunden. Gott kennt uns alle schon beim Namen, noch bevor wir zur Welt kommen. Er liebt uns als seine Kinder, und seine Liebe ist unvorstellbar – unendlich wie das Universum. Und so bleiben der Glaube die Hoffnung und die Liebe immer miteinander verbunden – oder wie es in der Bibel heisst:

Romy Hafner, Mai 2024

Mit offenen Augen

In Frankreich gab es den Brauch, dass sich am Ostermorgen die Menschen am Dorfbrunnen trafen und gegenseitig kaltes Wasser in die Augen spritzten – damit sie wach werden und offene Augen für das Wunder der Auferstehung haben.

Faszinierend, oder?

In der Osternacht erneuern wir unser Taufbekenntnis, in dem es auch heißt: „Ich glaube an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen – so sei es.“

Danach werden wir mit Weihwasser besprengt und in unserer Taufe gefestigt, vor allem im Glauben an die Auferstehung.

Ich wünsche uns im Namen des gesamten Seelsorgeraum-Teams, dass wir auch heuer wieder das Wunder erlebt haben und täglich neu erleben, dass wir an die Auferstehung von Tod, Leid, Verzweiflung, Krise.. glauben können.

Gottes Liebe in Tod und Auferstehung seines Sohnes machen dieses Wunder möglich. Danke, Gott.

Auf Ostern zugehen mit offenen Augen!

Ich sehe, dass Du kommst – sie feiern Dich zu Beginn Deiner letzten Lebenswoche.

Und ich – ich feiere mit denen, denen das Lachen schon längst vergangen ist, unerwartet ein Fest des Lebens.

Ich sehe, Du feierst mit Deinen Freunden Pessach, plötzlich machst Du Dich zu stärkendem Brot, teilst es – zur Erinnerung an Dich.

Und ich – ich teile mit denen, die mein Da-Sein brauchen, wie einen Bissen Brot.

Ich sehe, Du gehst sehenden Auges in Deinen Tod, leidest, haderst, stirbst – als Gott und doch Mensch.

Und ich – ich weine mit Verzweifelten, halte sie im Arm.

Ich sehe, es ist einen Tag lang still – still, wie es nur im Grab sein kann.

Und ich – ich halte mich selbst mit all meiner inneren Leere aus, berge mich selbst, lasse den Tränen freien Lauf.

Ich sehe „das Licht, das aus der Finsternis kam und von jener nicht erfasst wurde“, die Funken entzünden eine Kerze.

Und ich – ich trage mein Erhellt sein in die Nacht, befreit von dem, was mich gebunden hat, der alte Mensch verbrannt, die reinigende Asche hat mich neu gemacht.

Ich sehe, das Grab ist leer. Suche Dich, wie Maria, erschrecke, weil Du plötzlich neben uns stehst.

Und ich – ich tanze freudig erlöst, lobe und preise meinen Gott, bin dankbar, dass Du auferstanden bist vom Tod, ihn überwunden hast.

Ich sehe, Deine Freunde gehen voll Schmerz nach Emmaus, sind traurig, weil Du nicht mehr da bist.

Und Du! – Du bist auf einmal da, neben ihnen, brichst ihnen das Brot, damit sie Dich erkennen und wieder froh werden – so wie ich in deren Nachfolge…

Gott, mit meinen neu geöffneten, fröhlich erlösten Augen lass mich Ostern in die Welt tragen, unabsichtlich verschwenderisch solidarisch engagiert.

Dein Weg war nicht umsonst, Jesus, Sohn von Gott …

Gertrud Nemeth

QUO VADIS WELT?

Wohin gehst du Welt?! – Auch „Nicht-Lateinern“ ist dieser Ausspruch „Quo vadis!“ aus der Bibel zu einer allumfassenden Metapher geworden. Eine Metapher durch die zum Ausdruck kommen soll, dass man an einem Scheideweg steht. Und wenn ich so einen Blick in diese unsere Welt werfe, dann merke ich, dass sich die gegenwärtige Situation wie ein Scheideweg darstellt. Man könnte meinen, Gott hat sich gegen uns gewandt.

Eine Vielzahl an Baustellen hat sich aufgetan. Seien es die vielen Kriege, jene die ständig über die Medien kommuniziert werden oder jene die still und fast unbemerkt ausgetragen werden, seien es die Veränderungen in der Gesellschaft, die Machtspiele der neuen Diktatoren in der Welt, das Auftreten einer weltweiten Pandemie, die Verschiebung von Werten, der Verlust der Menschenwürde,… oder Vieles mehr.

All das sind Faktoren, die die Welt ins Wanken bringen. Und oft habe ich das Gefühl, wir schauen scheinbar ohnmächtig zu. Nicht mehr Viele haben den Mut, das Wort dagegen zu erheben, weil sie Angst haben unter die Räder zu kommen. Nicht mehr Viele trauen sich etwas zu hinterfragen. Alles wird einem vorgegeben und ohne kritische Betrachtung wird getan, was angeschafft wurde.

Viele können mit den Begriffen „Werte“ und „Menschenwürde“ kaum mehr etwas anfangen. Sei es, dass man das Eigentum seiner Mitmenschen mutwillig zerstört, weil keiner Respekt vor dem Anderen hat oder sei es, dass man sein Gegenüber öffentlich anpatzt, nur um selber besser dazustehen. Oder die Häufung der Femizide. Zählt das Leben eines Menschen nichts mehr?

Das Wort WIR wird immer mehr zur Seite geschoben und durch ein ICH ersetzt. Dabei wäre es so nötig, dass wir einander unterstützen und helfen. So wie wir als Erwachsene es vorleben, so übernehmen es auch unsere Kinder. Und in jeder Generation geht ein kleines Stück mehr verloren.

Und hier hadere auch ich als Kleriker, oft mit unserem Gott und stelle ihm die Frage: „Quo vadis Welt?“. Warum lässt Gott es zu, dass die Welt derzeit ist, wie sie ist?

Doch vielleicht knüpfen wir an unseren Glauben hier auch falsche Erwartungen. Gott hat uns unseren Glauben nicht ins Herz gegeben, damit wir es leichter haben, damit wir vor allerlei Unglück bewahrt bleiben, damit es uns gut geht. Im Gegenteil: Wir haben unseren Glauben, damit wir auch die Prüfungen und das Leid und den Tod verkraften können. Wir haben den Glauben, damit wir den Überblick bewahren, und zwar über die Wünsche und Sorgen und Nöte dieses Lebens hinaus.

In diesem Glauben kann ein Apostel Paulus vertrauen, dass Gott für uns ist, weil er sich ganz auf unsere Seite gestellt hat. Die Auferstehung Christi ist auch für uns das Schlüsselereignis, das unserem Leben und unserem Sterben einen neuen Sinn, eine neue Richtung gibt. Darin dürfen wir erkennen, dass Gott für uns ist – trotz allem, trotz Unglück, Leid und Tod.

Und wenn wir bald das Osterfest feiern, dann soll es uns Mut und Kraft geben, damit wir unsere Welt wieder zu einem friedlichen Wohnort machen, auf dem der Mensch in seiner Würde geachtet wird und die Wiederholung der Geschichte keine Chance hat. Damit im Kreuz Heil und Hoffnung ist und neues Leben hervorgeht.

Entscheidend ist unser Glaube – wie bei Paulus. Entscheidend ist unser Vertrauen – wie bei Abraham. Auch wenn wir es oft nicht verstehen, warum Gott so etwas zulässt. Trotzdem vertrauen wir. Gott wird alles gut machen.

Diakon Andreas

Alles hat seine Zeit

Alles hat seine Zeit: Das Leben hat seine Zeit, der Tod hat seine Zeit.

Nicht umsonst habe ich diese Zeilen als Abwandlung eines Bibelzitates für meinen Beitrag gewählt.
Die Tage im künstlichen Koma, in den diversen Intensivstationen und Krankenhäusern am Rande des Sterbens haben meine Gedanken, ja mein Leben, grundsätzlich verändert. Ich habe noch nie in der langen Zeit, in der ich für unsere Homepages und unsere Zeitschriften (beginnend mit dem „Dreiturmecho“) schreibe, über meine eigenen Empfindungen geschrieben. Ich habe immer versucht, meine Gedanken so zu Papier zu bringen, dass sie nicht meinen psychischen oder physischen Zustand wiedergeben.
Nur jetzt muss ich über mich, über meine Gefühle und Sehnsüchte schreiben, da mir bewusst geworden ist, und zwar sehr stark, dass der Tod nicht mehr fern ist. Alles hat seine Zeit …
Ich sehe die Welt mit ganz anderen Augen, als noch vor etwa einem Jahr. Ich schaue auf meinen Apfelbaum und denke: Werde ich seine Blüten überhaupt noch sehen und, wenn ich Glück habe, werde ich diese Äpfel noch essen können. Wenn ich meinen Teich sehe, kommt unwillkürlich der Gedanke, ob ich im Frühjahr oder im Sommer noch die Frösche hören kann, die mich in den Nächten in den Schlaf gequakt haben? Werde ich noch mit meiner Frau spazieren gehen können in der prallen Sonne unserer pannonischen Sommer? Jetzt aber ist die Zeit gekommen, dieses „menschliche“ Leben so zu leben, dass alles seine Sinnhaftigkeit hat. Alles hat seine Zeit …
Dennoch denke ich, dass die verbleibende Zeit immer kürzer wird, dass der Tod nicht mehr weit ist. Was erwartet mich? Ist es Gott, der Herr, der mich empfangen wird und vielleicht sagt: „Komm in mein Haus, du warst ein getreuer und guter Diener. Ich will dich neben mir haben“. Oder wird er sagen: „Du ungetreuer und böser Knecht. Du bist nicht würdig bei mir zu sein. Dir gebührt die ewige Verdammnis“: Alles hat seine Zeit …
Auch die Vergangenheit beginnt meine Gedanken zu beschäftigen. Es ist ja ganz natürlich, dass man angesichts eines nahenden Endes sein Gewissen erforscht und befragt, ob viele Dinge des Lebens schief gelaufen sind ober ob vielleicht doch auch sinnvolle Ergebnisse des Lebens zu verzeichnen sind. Auch stelle ich mir immer die Frage, wie ich mich vor einem ewigen Gericht, vor Gott, zu verhalten habe. Es ist mir schon klar, dass ich Gott nicht täuschen kann – denn er ist die Wahrheit. Also habe ich auch meine Wahrheit darzustellen, darf keinen Täuschungen unterliegen.
Ich weiß nicht, wie die Ewigkeit sein wird. Aber eines habe ich: unbegrenztes Vertrauen in den ewigen Vater, Vertrauen, dass er meine Handlungen gerecht beurteilen wird und in seiner unendlichen Liebe auch mir eröffnet, dass ich in die göttliche Ewigkeit eingehen kann.

Alles hat seine Zeit: Das Leben hat seine Zeit, der Tod hat seine Zeit.

ek

Ausatmen – Pause – Einatmen

Einer logischen Sache einen ganzen Artikel widmen, noch dazu in der Rubrik „Einfach zum Nachdenken“ – noch dazu zum Beginn des Jahres?
Und warum zuerst ausatmen, dann Pause, dann erst einatmen?!

Wir sind gewohnt, viel zu bekommen, viel zu haben, anzusammeln. Vieles können wir durch eigene Leistung erreichen – im Sinn der Überschrift also „einatmen“.
Aber wohin damit, wo hat das Erreichte Platz in meinem Leben?

Die Atmung macht es uns da nicht so leicht:
wenn wir im Stress nur einatmen, dann wird uns schwindlig.
Medizinisch betrachtet ist dann der CO2 Gehalt im Blut zu hoch. Erst, wenn man dann kontrolliert ausatmet, die alte, verbrauchte Luft hergibt, bekommt man wieder gut Luft. Irgendwie seltsam….
Aber so sagt uns der Körper: Atme zuerst aus, dann ein. Geht im Normalfall eh automatisch, manchmal probieren wir es anders.
Wir leben also in den scheinbaren Gegensätzen von ausatmen und einatmen,
übertragen gesagt, zwischen ausatmen – hergeben und einatmen – bekommen.
Es sind keine Gegensätze – es ist das Leben. Wir müssen zuerst etwas loslassen, bevor Neues gut Platz hat, wir Neues empfangen können.

Zu Beginn des neuen Jahres möchte ich Euch also anregen, das vergangene Jahr auszuatmen, loszulassen, abzuschließen.
„Das Luft Anhalten“ der Überschrift möchte Euch einladen, dankbar zurück zu schauen und einen ersten Blick nach vorne zu machen.
Um dann einzuatmen, dem neuen Jahr gut gestärkt entgegen zu sehen.

Ich möchte uns in diesem Vertrauen gerade zu Beginn des neuen Jahres stärken, denn unser Leben ist ein Geschenk Gottes („Da formte Gott, der Herr, den Menschen aus Erde vom Ackerboden und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen.“ So steht es im Buch Genesis 2,7), es ist in Gottes Hand gut geborgen.
Vor Gott dürfen wir ruhig werden, ausatmen, das alte hergeben. Er beurteilt uns nicht nach dem, was wir erreicht haben.
Im Innehalten sind wir eingeladen, einen Blick zurück zu machen und einen ersten Ausblick auf die neuen Wege zu machen.
Mit Seinem guten Segen, dem Einatmen also, stärkt er uns dafür.
Gertrud Nemeth